Foto. Ofendokumentation durch einen Mitarbeiter der hessenARCHÄOLOGIE. Im Hintergrund sind erhaltene Fragmente der ehemaligen Ofenröhre zu sehen.

hessenARCHÄOLOGIE

Nachweis eines neuen Rennofentyps bei Selters-Niederselters

Ende September 2022 führte das Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Abteilung hessenARCHÄOLOGIE, eine montanarchäologische Untersuchung in der Gemeinde Selters/Taunus durch. Wissenschaftlich unterstützt wurde dieses zweiwöchige Projekt durch Dr. Guntram Gassmann, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart.

Aus archäologischer Sicht galt der Hintertaunus lange Jahre als weitgehend unbesiedeltes Randgebiet ohne weitere Bedeutung. Die Entdeckung einer keltischen Ringwallanalage bei Haintchen, einem Ortsteil der Gemeinde Selters (Lkr. Limburg-Weilburg) trug allerdings zu einer neuen wissenschaftlichen Bewertung der Besiedlungsgeschichte in der Region bei.

Ausgehend vom Umfeld dieser Wallanlage ließen sich bei intensiven - über Jahre an den Wochenenden durchgeführte Begehungen - hunderte von bisher unbekannten Fundstellen von Schmiede- und Verhüttungsschlacken lokalisieren. Diese durch Schlackenansammlungen obertägig zu lokalisierenden Fundplätze sind Zeugnis einer intensiven Eisengewinnung und Verarbeitung, die während der Eisenzeit und im Hochmittelalter in der Region eine Blütezeit erlebte.

Für eine genaue Untersuchung eines dieser Plätze wurde für eine Forschungsgrabung zum Thema „Montanarchäologie“ ein Waldstück bei Selters-Niederselters ausgewählt. Während der Prospektion konnte in unmittelbarer Nähe einer im Gelände sichtbaren Schlackenhalde ein ursprünglich aus Lehm aufgebauter Rennfeuerofen der späten Eisenzeit freigelegt werden. Für die Keltenforschung sind die hierbei gewonnenen Untersuchungsergebnisse sensationell. Nicht nur war der Ofen aufgrund seiner Dimensionen für Eisenproduktion in größerem Umfang geeignet, der gefundene Typus ist bisher in der Wissenschaft gänzlich unbekannt.

Foto. Dr. Gassmann im ausgenommenen Ofenschacht.

Konstruktionsdetails des Rennofens von Niederselters

Mit der Grabung gelang zudem der Nachweis eines weitgehend freistehenden Schachtofens mit einem Innendurchmesser von 1,0 m, aufgebaut über einer noch 80 cm in den kiesigen Untergrund reichenden, eingetieften Schlackenauffanggrube. In dieser fanden sich zahlreiche großformatige Wandfragmente des ehemaligen schachtartigen Kamins. Für gewöhnlich wurden die Schlackegrube nach einem erfolgreichen Verhüttungsvorgang von der Frontpartie ausgeräumt, um den Ofen erneut zu befeuern. Doch in Niederselters stürzte der aufgehende Teil des Ofens ein, noch ehe er mit neuem Erz befüllt werden konnte und die Wandungsteile fielen in die darunterliegende leere Grube. Am Computer soll nun im Nachgang aus den geborgenen Wandungsfragmenten und auf Grundlage der angefertigten Dokumentation der genaue Schachtaufbau rekonstruiert werden.

Dieses Ergebnis ist der Schlüssel für sicher noch viele kommende montanarchäologische Untersuchungen in der durch die keltische Eisenproduktion geprägten Kulturlandschaft im Hintertaunus.

Wir danken ausdrücklich der hervorragenden Unterstützung der Maßnahme durch die Gemeinde Selters, vertreten durch Bürgermeister Jan Pieter Subat und den Forstservice Taunus – unter der Leitung von Frank Zabel.

Letzterer sorgte auch dafür, dass das Untersuchungsgelände im Anschluss wieder fachmännisch verfüllt wurde, damit die Vegetation an dieser Stelle erneut „Fuß fassen“ kann - Schutz für diese Spuren der Vergangenheit.

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