Foto des Frankfurter Römers.

Das räumliche Gefüge im Blick

Städtebauliche Denkmalpflege

Neben den prominenten Einzelobjekten besteht die reiche hessische Denkmallandschaft wesentlich aus den historischen Stadt- und Dorfkernen. Räumliche und funktionale Zusammenhängen zwischen historischen Gebäuden, relevanten Freiflächen und Strukturen prägen das charakteristische, einmalige Bild des Landes und stellen wichtige Zeugnisse der Landesgeschichte dar. Das Arbeitsgebiet der Städtebaulichen Denkmalpflege widmet sich dem Erhalt von Erscheinungsbild und historischen Strukturen in den Siedlungskernen und in historischen Kulturlandschaften.

Aufgaben der Städtebaulichen Denkmalpflege

Um den vielfältigen Schichten und Raumbezügen von Kulturdenkmälern Rechnung zu tragen, wird das Landesamt für Denkmalpflege Hessen als Träger öffentlicher Belange (TÖB) in Fachverfahren bei der Aufstellung von Raumordnungs-, Regional-, Verkehrs- und anderen Fachplänen sowie Bauleitplanungen der Kommunen beteiligt. Dabei beziehen sich die denkmalpflegerischen Interessen auf die Festlegung von Nutzungen oder die Freihaltung von Sichtbeziehungen und des Umgebungsbereichs – also von Wirkungsbezugsräumen der Kulturdenkmäler. Neben dieser formellen Beteiligung lassen sich die grundlegenden Erkenntnisse der Städtebaulichen Denkmalpflege zu Siedlungsentwicklung, Ortsbild und historischer Kulturlandschaft bereits im Vorfeld als Fachinformationen durch Politik und Öffentlichkeit für eine nachhaltige Weiterentwicklung von Städten, Dörfern und Landschaften unter Erhalt der prägenden historischen Bestandteile sinnvoll nutzen. Diese wird durch die Vernetzung mit den Förderprogrammen der Dorfentwicklung und Städtebauförderung verstärkt.

Nur wenn die Denkmalpflege von Anfang an in die planerischen Vorhaben eingebunden ist, gelingt es, den unverwechselbaren und einmaligen Wert historischer Ortskerne und Kulturlandschaften als Teil der zu berücksichtigenden Standortfaktoren zu begreifen. Dabei sollen Lösungen gefunden werden, die sowohl der historisch gewachsenen Struktur des Ortes oder der Stadt als auch künftigen Herausforderungen der Stadt- und Ortsentwicklung gerecht werden. So gilt es in Ballungsräumen Wachstumsprozesse und Verdichtung durch gute Ideen zu begleiten oder in ländlicheren Regionen Konzepte gegen Leerstand und Verödung zu entwickeln. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und anderer aktueller Transformationsprozesse kommt der Städtebaulichen Denkmalpflege dabei eine zentrale Rolle in der interdisziplinären Zusammenarbeit zu.

Räumliche Zusammenhänge

Die Grundlage für die Vermittlung bildet die systematische Erfassung von Kulturlandschaften und Ortskernen im Zusammenwirken mit der Denkmalerfassung und der Bodendenkmalpflege.

Im Rahmen eines länderübergreifenden Pilotprojektes „Kulturlandschaftsschutz auf der kommunalen Ebene“ wurden bis 2011 die Kulturlandschaften des Rheingau-Taunus-Kreises erfasst und ein Managementplan vorgelegt. Die Ergebnisse sind im Internet unter www.kuladig.de abrufbar.

Derzeit läuft in Hessen das Projekt Denkmal.Kulturlandschaft.Digital, das eine flächendeckende Erfassung der historischen Kulturlandschaften in Hessen als Grundlage für die Landes-, Regional- und Flächennutzungsplanung sowie zur Information einer breiten Öffentlichkeit erarbeitet.

Die Städtebaulich-Denkmalpflegerische Aufnahme (SDA) ist ein Angebot des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen. Es richtet sich an alle Gemeinden in Hessen, die sich mit ihrem baulichen und städtebaulichen Erbe auseinandersetzen und es bewahren wollen. Dabei handelt es sich um eine seit 2016 erfolgreich angewendete Methode zur gezielten Erfassung, Bewertung und Dokumentation des historischen Zeugniswertes von historischen Ortskernen. Nach dem Studium und der Auswertung von historischen Quellen zur Orts- und Stadtgeschichte wird der heutige Bestand auf dieser Basis erfasst und nach einheitlichen Kriterien bewertet und anschaulich in Karten und Steckbriefen dargestellt. Ziel ist es, die Ergebnisse der Untersuchung schon sehr frühzeitig in planerische Projekte einzuspeisen und sie auch interessierten Bürgern zugänglich zu machen.

Für die zukunftsfähige Entwicklung von historischen Orts- und Stadtstrukturen bildet eine Studie und Analyse zur Orts- und Stadtgeschichte belastbare Grundlagen. Zudem werden jenseits der Kulturdenkmäler die stadtprägenden, erhaltenswerten Gebäude innerhalb der Ortskerne berücksichtigt. Im Kontext der Landesentwicklung und der Regionalplanung, aber auch für das bürgerschaftliche Engagement und die touristische Erschließung und Vernetzung der Region sind die Erkenntnisse der SDA von großer Bedeutung.

Ein verwandtes Thema stellen die planmäßig angelegten Siedlungsbereiche des ausgehenden 19. und 20. Jahrhunderts dar, die sich in allen Regionen des Landes finden. Sie reichen von klassischen Arbeitersiedlungen der Fabriken, Villenkolonien bis zu den Wohnsiedlungen der Nachkriegsmoderne. Für den authentischen Erhalt der Anlagen und ihrer prägenden Strukturen und Gestaltungselementen bedarf es ebenfalls einer eingehenden, qualifizierten Recherche und Bestandsbewertung. Auf dieser Grundlage lassen sich Leitlinien für den denkmalpflegerischen Umgang entwickeln. Ein wichtiger Aspekt ist zudem die Information der Öffentlichkeit über den Wert der Siedlungen. Als Ergebnis sind neben Gestaltungsfibeln als Handreichung auch bindende Übernahmen in kommunales Planungsrecht in enger Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden möglich.

Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Hochschulen in Hessen

Als Grundlage städtebaulich-denkmalpflegerischer Arbeit sind historische Karten und Pläne von unschätzbarer Bedeutung. Für die Recherche und Bereitstellung von Digitalisaten besteht daher eine enge Zusammenarbeit mit dem Hessischen Landesarchiv und dem Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde. Letzteres hat mit den Bänden des Hessischen Städteatlas umfassende Darstellung zu einzelnen Städten vorgelegt. Im landesgeschichtlichen Informationssystem www.lagis-hessen.de können digitalisierte Altkarten der hessischen Territorien, historische Ortsansichten und Urkataster zahlreicher historischer Städte abgerufen werden.

In Zusammenarbeit mit dem Studiengang Baukulturerbe der Hochschule RheinMain in Wiesbaden wurde die Methodik der SDA an Studierende vermittelt. Als Abschlussarbeiten und Semesterprojekte konnten so Untersuchungen in mehreren hessischen Orten durchgeführt und durch die Städtebauliche Denkmalpflege begleitet werden.

Vernetzung in Hessen

Das Arbeitsgebiet der Städtebaulichen Denkmalpflege ist methodisch und konzeptionell in engem Austausch mit den Fördergebern für Stadtsanierung und Dorfentwicklung in Hessen. Die Denkmalpflege versteht sich als zuverlässige Partnerin bei der nachhaltigen Entwicklung der historischen Orts- und Stadtkerne in Hessen. Daher besteht eine enge Zusammenarbeit zur Zukunft der Innenstädte und ländliche Räume in den Landesnetzwerken „Land hat Zukunft“, „Vitale Orte 2030“, „Zukunft Innenstadt“ und „Baukultur in Hessen“.

Fachliche Vernetzung auf Bundesebene

Die Städtebauliche Denkmalpflege arbeitet gemeinsam mit Partnern in Landeseinrichtungen, auf kommunaler Ebene und im Ehrenamt zusammen. Das Arbeitsfeld ist bundesweit in der Arbeitsgruppe Städtebauliche Denkmalpflege der Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern (VDL) vernetzt. Dort erfolgt seit 1973 ein fachlicher Austausch zu Methoden und aktuellen Themen. Zudem werden Arbeitsblätter als Handreichungen für Kollegen und Fachöffentlichkeit erarbeitet. Wichtigste Veröffentlichung zur Städtebaulichen Denkmalpflege ist das von der VDL herausgegebene „Handbuch Städtebauliche Denkmalpflege“.

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