Foto. Technikdetail aus dem Druckverfahren.

Zeugnisse der industriellen und technischen Entwicklung Hessens

Aus der hessischen Denkmallandschaft sind die Zeugnisse der Industrie- und Technikgeschichte längst nicht mehr wegzudenken. Sie prägen die historisch gewachsene Kulturlandschaft und stehen für die industrielle und wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes. Als unverzichtbares Kulturerbe dokumentieren sie einen wesentlichen Teil seiner Geschichte.

Kulturdenkmäler der Industrie und Technik

Die Industriedenkmalpflege beschäftigt sich nicht nur mit Zeugnissen der industriellen Revolution, sondern auch mit vorindustriellen technischen Objekten, die ebenso archäologische Kulturdenkmäler sein können – wie etwa wasserbauliche Anlagen oder Strukturen des Hütten- und Bergbauwesens. Die Bauwerke und Anlagen werden ihrem Zweck folgend den Kategorien Produktion, Verkehr, Versorgung sowie Wissenschaft und Forschung zugeordnet. Technische Denkmäler können zudem Ausstattungselemente von „klassischen“ Kulturdenkmälern sein, wie beispielsweise Orgeln in Kirchen oder historische Aufzüge in Wohn- und Verwaltungsbauten. Die Wasserkünste im Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel sind ein prominentes Beispiel für die wertvolle technische Ausstattung von Gartendenkmälern.

Nicht alle überkommenen Zeugnisse der Industrie und Technik erfüllen die Eigenschaften eines Kulturdenkmals und genießen den gesetzlichen Schutz. Ein technisches Denkmal kann entweder ein historisch typisches oder einzigartiges Objekt sein, ein Anfangs- oder Endglied einer technischen Entwicklungsreihe oder ein Objekt, das sozialgeschichtliche Strukturen aufzeigt.

Der Wert des technischen Erbes

Für das Verstehen und Wertschätzen eines Technikdenkmals mit seinen spezifischen Eigenschaften bedarf es der Erforschung des baulichen Erbes und damit des Erkennens seines Zeugniswertes. Erst das damit verbundene Wissen sowie die Differenzierung des Denkmalwertes ermöglicht eine adäquate Weiterentwicklung des Industriedenkmals ohne dessen Integrität zu zerstören.

Zur Bewertung baulicher Zeugnisse der industriellen Entwicklung auf das Instrumentarium der herkömmlichen Stil- und Baugeschichte zurückzugreifen, ist zu kurz gefasst. Die Architektur von Industriebauten ist oftmals von technisch-betrieblichen Zwecken bestimmt und ihre Baugestalt aus ihrer Funktion heraus entwickelt. Wesentlich ist hier neben der Beachtung funktional-technischer Bedeutungsschichten auch die Einbeziehung wirtschafts-, technikhistorischer und sozialgeschichtlicher Erkenntnisse; denn Industrie- und Technikdenkmäler liefern ebenso weiterführende Informationen etwa zu Gesellschafts- und Kulturgeschichte, die in den Zeugniswert einfließen.

Eine große Bedeutung kommt hierbei auch der Dokumentation von Funktionszusammenhängen zu, wie sie beispielhaft in der Eisenbahntopographie, erarbeitet von Volker Rödel und Heinz Schomann, geleistet wurde. Das Inventar greift mit der Darstellung des Systems der hessischen Eisenbahnstrecken erstmals eine Baugattung landesweit thematisch auf und bezeugt damit zugleich die Notwendigkeit einer umfassenden Zusammenschau zum grundlegenden Verständnis technischer Denkmäler sowie eine deutliche Wertschätzung eines wichtigen technikhistorischen Kulturguts

Industriekultur

Bei der überregionalen Einordnung und Bewertung von Bestandsobjekten arbeiten Industrie- und Technikdenkmalpfleger bundesweit mit etablierten Vernetzungen ins benachbarte Ausland in der Arbeitsgruppe Industriedenkmalpflege (AGI) der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland (VDL) zusammen. Darüber hinaus werden hier auch im fachlichen Austausch gemeinsame Standards für den praktischen Umgang mit technischen Denkmälern entwickelt. Der Bildband „Denkmale der Industrie und Technik in Deutschland“ thematisiert aktuelle Fragestellungen der Industriedenkmalpflege auch anhand von zehn Beispielen aus Hessen.

Foto. Die Arbeitsgruppe Industriedenkmalpflege am Neckarkanal in Neckarsteinach.

Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen hessenweiten Initiativen, Partnern sowie Routen für Industriekultur ist ein besonderer Gewinn für die Vermittlung des Wesens und Wertes von Denkmälern der Industrie- und Technikgeschichte. Der erfolgreichen Vernetzung der Akteure sind bereits zwei Kalender zum Thema Industriekultur in Hessen zu verdanken, welche die Bandbreite und Vielfalt der Denkmäler der Industrie und Technik in Hessen veranschaulichen.

Nicht zuletzt ist der überzeugte und stolze Eigentümer eines Industriedenkmals der beste Multiplikator und Garant für dessen Erhalt. So begleiten wir Investoren und Baufrauen fachlich beratend und unterstützend bei der Entwicklung von zuträglichen Nutzungskonzepten sowie bei der Planung und der Umsetzung von Projekten und Baumaßnahmen im Bereich des industriellen und technischen Kulturerbes. Wenngleich sich gerade einige technische Denkmäler durch ihren speziellen Funktionszuschnitt einer Nachnutzung entziehen, sollen die uns anvertrauten Zeugnisse weiter genutzt werden – nur das sichert ihnen einen dauerhaften Erhalt in einer sich stetig wandelnden Gesellschaft.

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