Vorbildliche Zusammenarbeit zum Schutz der Eschweger Geschichte
Bevor der Platz als neue Grünanlage das Stadtbild bereichern kann, untersuchen Archäologinnen und Archäologen derzeit das Gelände. Im Rahmen einer Baubegleitung dokumentieren und sichern sie die Jahrhunderte alten Zeugnisse der Stadtgeschichte. Das Grabungsteam der Warneke Archäologie GmbH arbeitet dabei eng mit der hessenARCHÄOLOGIE (Landesamt für Denkmalpflege Hessen), der Unteren Denkmalschutzbehörde und der Stadt Eschwege zusammen. Die Kooperation zwischen allen Beteiligten gestaltet sich absolut vorbildlich, wie die zuständige Bezirksarchäologin Dr. Eveline Saal vor Ort berichtet.
Wir haben im Altstadtkern von Eschwege nicht nur ein hervorragendes Beispiel für die konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten vor uns, sondern mit der Freilegung des kompletten Kirchengrundrisses auch einen besonderen Befund, der auf großes Interesse stößt.
Mächtige Steine und sensible Funde
Die Arbeiten schreiten planmäßig voran. Klar erkennbar ziehen sich schon jetzt die Reihen mächtiger Sandsteinblöcke durch den Eschweger Boden und geben erste Hinweise auf das Ausmaß der einstigen Pfarrkirche, die den namensgebenden Heiligen Godehard und Nikolaus geweiht war. Geschützt unter einem Grabungszelt birgt das Team um Grabungsleiterin Anja Rutter derzeit besonders sensible Funde: die Bestattungen von inzwischen über dreißig Kindern im Bereich außerhalb des Altarraums. Aus Sorge um das Seelenheil wurden die Kinder möglichst nahe bei den Heiligen „ad sanctos“ beigesetzt, da man sich durch die Nähe zu den Reliquien die Fürsprache bei Gott erhoffte. Sowohl der Heilige Nikolaus als auch der Heilige Godehard galten als Schutzpatrone der Kinder. Kindergräber entlang von Kirchenmauern werden bisweilen auch als Traufbestattungen oder „Traufenkinder“ bezeichnet, was auf das vom Kirchendach herablaufende Wasser zurückgeht, mit dem die Kinder getauft bzw. geweiht werden sollten. Der Umgang mit den sensiblen Bestattungen erfordert bei der Freilegung nicht Schaufel und Bagger, sondern besonderes Feingefühl, schließlich gilt es respektvoll mit den oftmals filigranen Knochen umzugeben. Nach ihrer Untersuchung werden die Bestattungen auf einem Friedhof erneut zur Ruhe gebettet.
Ein bedeutendes Wahrzeichen
Der Nikolaiturm selbst gehört seit seiner Errichtung im 15. Jahrhundert fest zum Eschweger Stadtbild. Nachdem die 1340 erstmals erwähnte Kirche St. Godehard nach Einführung der Reformation dem Verfall preisgegeben und im 16. Jahrhundert abgerissen wurde, blieb der Turm den Eschwegern erhalten. Selbst als der Turm 1637 im Dreißigjährigen Krieg abbrannte, gaben ihn die Eschweger nicht auf und bauten ihn im 18. Jahrhundert wieder auf – nun als Brandwachtturm. Während die Geschichte des Nikolaiturmes gut dokumentiert ist, ist über die einstige Godehardkirche relativ wenig bekannt. Mit den archäologischen Untersuchungen erhoffen sich alle Beteiligten nun, ein besseres Bild der einstigen Kirche und der Entwicklung des Geländes gewinnen zu können. Dieses plant Bürgermeister Alexander Heppe dann auch im Rahmen der neuen Platzgestaltung zu vermitteln. Ob über ein Modell oder Schautafeln wird derzeit noch besprochen. Schon jetzt zeigt sich das Interesse der Eschweger Bevölkerung deutlich: immer wieder bringen sie historische Aufnahmen des Platzes zur Grabungsstätte und berichten über ihre Erinnerungen an den geschichtsträchtigen Ort. Am 04. April wird daher ein Tag der offenen GrabungÖffnet sich in einem neuen Fenster allen Interessierten die Möglichkeit geben, hinter die Kulissen der Ausgrabung zu blicken.