Bereits 2012 fanden in unmittelbare Nähe zur heutigen Grabungsfläche Ausgrabungen statt, als eine neue Umgebungsstraße entstand. Schon frühzeitig vermuteten die Archäologinnen und Archäologen, dass auch unter dem zukünftigen Gewerbegebiet Erkenntnisse vergangener Zeiten verborgen liegen. Geomagnetische Untersuchungen wiesen auf viele Anomalien im Boden hin, so dass bereits im Mai 2021 begonnen wurde, die Fläche zu ebnen. Immerhin galt es etwa 2,5 Hektar zu untersuchen. Was das Team um Grabungsleiterin Anke S. Weber M.A. schließlich fand, übertraf jedoch die Erwartungen.
Auf dem Untersuchungsareal waren zum Tag der offenen Grabung viele der Befundstellen freigelegt und für die interessierten Besucherinnen und Besucher ausgewiesen. Auch das Grabungsteam und der Geschäftsführer der archäologischen Fachfirma SPAU, Sascha Piffko M.A., gaben immer wieder gerne Auskunft zu dem, was im Boden zu sehen war. Denn weniger die Funde – vor allem Keramik und Handwerksgerät wie Spinnwirtel und Webgewichte – waren es, die erstaunten, sondern vielmehr das, was von den ehemaligen Gehöften selbst bis heute überdauerte.
Wohnen in Erlensee
Von der späten Bronzezeit bis in die späte Eisenzeit fand das Grabungsteam die Spuren von Wohnhäusern, Wirtschaftsgebäuden – vor allem in den in den Boden eingetiefte Grubenhäuser – sowie Speichern. Bisher konnten in Hessen nur wenige dieser Grundrisse nachgewiesen werden, doch können wir gerade aus ihnen lernen, wie unsere Vorfahren bauten, arbeiteten und lebten. Was bis heute bestand hat sind dabei vor allem die Pfostenspuren; all jene Stellen, in denen über viele Jahre die tragenden Pfosten der Gebäude im Boden einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. „Es gibt nichts dauerhafteres, als ein gut angelegtes Loch“, freute sich Prison. Auch Kreisarchäologe Claus Bergmann M.A. wusste die Bedeutung der Befunde zu schätzen und vermittelte diese in mehreren Führungen über die Grabungsfläche an ein immer wieder interessiertes Publikum.
Doch nicht nur die Anzahl der Grundrisse hebt die Ausgrabungen in Erlensee hervor. Denn es handelte es sich hier, im Gegensatz zu vielen anderen Befundstellen, nicht um eine große Siedlung, sondern vielmehr um einige wenige Gehöfte, die über viele Generationen immer wieder neu aufgebaut wurden und somit einen seltenen Einblick in die Entwicklung der Lebenswelt dieser Zeit ermöglichen. „Sie hatten einen anderen Landschaftsplaner, als die anderen Kelten“, merkte der anwesende Bürgermeister Stefan Erb schmunzelnd an.
Trotz der beeindruckenden Anzahl der Grundrisse ist noch immer unklar, ob die Besiedlung dauerhaft war, oder ob sich Lücken in der Geschichte der Gehöfte zeigen könnten. Doch gibt es immer noch viel zu entdecken und zu erforschen, so dass sich auch diese Frage in Zukunft hoffentlich beantworten lässt.