Das Land Hessen unterstützt die Universitätsstadt Marburg und die Gemeinde Ebsdorfergrund (Landkreis Marburg-Biedenkopf) sowie die Stadt Staufenberg (Landkreis Gießen) bei der Entwicklung des 16 Hektar großen Gewerbegebietes. Auch die drei Bürgermeister der beteiligten Kommunen waren angereist, um sich ein Bild der Grabungsergebnisse zu machen.
Da vergangene Grabungen in der Umgebung archäologische Befunde erwarten ließen, wurde die Erschließung von Anfang an von der hessenARCHÄOLOGIE begleitet. Bezirksarchäologin Dr. Christa Meiborg betreute seit April 2021 Untersuchungen durch eine Archäologische Grabungsfirma Wissenschaftliche Baugrund-Archäologie GmbH. Die Funde und Befunde der Untersuchungen reichten dabei weit über das hinaus, was das Grabungsteam erwartet hatte. Damit sich die dadurch notwendigen zusätzlichen Ausgrabungen nicht zum Nachteil des Gewerbegebietes entwickelten, erhöhte das Land seine Zuschüsse auf rund 1,7 Millionen Euro. Zudem übernimmt die hessenARCHÄOLOGIE die gesamten Kosten der umfangreichen Restaurierungsarbeiten von rund 320.000 Euro, um die Funde für die Wissenschaft und nachfolgende Generationen zu erhalten. Das Gewerbegebiet InterKom sei ein Paradebeispiel dafür, wie Bodendenkmalpflege und wirtschaftliche Interessen erfolgreich zusammenfinden können, erklärte Wissenschaftsministerin Angela Dorn vor Ort.
Wo sich künftig Unternehmen und Start-ups zusammenfinden, herrschte bereits in der Jungsteinzeit reges Treiben, wie die Funde des Teams um Grabungsleiterin Anna-Marie Dürr zeigen. Den mit Abstand größten Befund bildete eine Wallanlage aus der der Michelsberger Kultur, die durch eine Radiokarbondatierung auf etwa 4.200 bis 3.990 vor Christus datiert werden konnte. Erfasst werden konnte ein Areal von über 9.000 Quadratmetern, welches sich unter dem angrenzenden Acker fortsetzt – die geschätzte Gesamtausdehnung erreicht etwa 1,5 Hektar. Die Anlage wurde durch eine Doppelpalisade aus halben Stämmen, sogenannten Halblingen, geschützt. Gut 700 Baumstämme wurden hierfür mit einfachen Werkzeugen gefällt. Ob die ebenfalls erfassten Pfostenbauten Teil der Anlage waren, konnte noch nicht abschließend geklärt werden.
Nicht nur das Erdwerk erstaunte die Experten, auch ein merowingisches Gräberfeld mit zwei Kreisgräben stellte ein für die Region bisher einzigartiges Fundensemble dar. Hier fanden im sechsten Jahrhundert nach Christus Mitglieder der Elite ihre letzte Ruhe. Besonders hervor sticht ein hochrangiger Mann, dem zahlreiche Waffen beigegeben wurden, darunter Schild, Lanze, Wurfspeer und Hiebschwert (Spatha). Neben persönlichen Gegenständen wie etwa einer Bügelschere, Messern und eine Gürtelgarnitur war auch ein so genannter Charonspfennig Teil der Bestattung. Die Goldmünze wurde dem Mann für den Fährmann auf dem Weg in die Unterwelt in den Mund gelegt. Neben einem Kindergrab überwogen in dem kleinen Gräberfeld Bestattungen von Pferden. Eine Besonderheit stellt hier die Pferde-Hund-Bestattung dar. Innerhalb des zweiten Kreisgrabens wurde keine Bestattung entdeckt, eine Goldmünze in der Nähe deutet aber auf ein weiteres Grab einer hochrangigen Person hin.