Orgel in Corbe

Bau- und Kunstdenkmalpflege

Klangkunstwerke - historische Orgeln werden saniert

Im Rahmen des gemeinsamen Orgelförderprogramms des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen wurden am 17. und 18. Oktober die Kirchengemeinden der geförderten Orgeln bereist.

Auch in diesem Jahr war die Orgelbereisung ein voller Erfolg. Oftmals stehen die Bauwerke, also die Kirchen selbst, im Fokus des Geschehens und wichtige liturgische Gegenstände sowie die Einrichtung liegen eher im Schatten. Durch das Orgelförderprogramm wird den hochkomplexen Instrumenten mehr Sichtbarkeit gegeben. Allein in Deutschland sind über 50.000 Orgeln im Einsatz. Denn nicht nur das kundige Fachpersonal für die Instandhaltung der Orgeln wird immer weniger, auch die Organisten, also die Musiker an der Orgel, nehmen rapide ab. Ca. 3.500 Hauptberufliche stehen 10.000 Ehrenamtlichen gegenüber.

Dabei darf man nicht vergessen, dass der Orgelbau und die Orgelmusik 2017 in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde. Es ist von so hohem Gut, dass die UNESCO es als schützenswerte Tradition einstuft. Um dieses Kulturgut auch weiterhin zu schützen, fördern das Landesamt für Denkmalpflege Hessen und die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen seit 2001 mit dem Orgelförderprogramm die Orgeln in ganz Hessen.

Die Orgel ist in vielen Kirchenräumen das zentrale Element und bildet die Grundlage einer lebendigen Kirchengemeinde.

Prof. Dr. Markus Harzenetter Präsident Landesamt für Denkmalpflege Hessen

Seitdem werden jedes Jahr fünf bis neun historische Instrumente mit 20% der Gesamtkosten gefördert. Ziel des Programms ist es, die Vielfalt von historischen Orgeln in Hessen zu erhalten und erlebbar zu machen. Auch das Ehrenamt, welches oft maßgeblich für den Erhalt der Instrumente notwendig ist, wird so gewürdigt. Darüber hinaus unterhält das Landesamt ein wichtiges Netzwerk für Orgelsachverständige aller Landeskirchen und Diözesen in Hessen.

Man spricht von einem Gesamtkunstwerk, sowohl technisch als auch klanglich.

Dr. Bernhard Buchstab Orgelsachverständiger und Konservator

Prof. Dr. Harzenetter, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, Matthias Haupt, Leiter der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen sowie der Orgelsachverständiger und Konservator des Landesamtes, Dr. Bernhard Buchstab, bereisten zusammen an den zwei Tagen die acht geförderten Orgeln in den hessischen Gemeinden. Wie jedes Jahr wurden Sie warmherzig empfangen und nach einer kurzen fachlichen Einleitung entwickelten sich interessante Gespräche über die Zukunft der Orgeln, die Herausforderungen der Instandhaltung aber auch über die Wertschätzung der Kirchengemeinde.

Die geförderten Orgeln

Die Evangelische Kirche in Freiensteinau ist ein barocker Saalbau von 1721-24, der an den bestehenden spätgotischen Chorturm angebaut wurde. Der mittelalterliche Chorraum im Innern besitzt ein Kreuzrippengewölbe, zudem sind dort noch spätgotische Fresken vorhanden. Der großzügige Saal des Kirchenschiffes besitzt eine stuckierte Voutendecke, eine dreiseitig umlaufende Empore gliedert den Raum.

Die über dem Eingang auf der Westempore angeordnete Orgel besitzt ein prächtiges barockes Gehäuse vom Orgelbauer Johann Georg Sterzing aus Eisenach, aus dem Jahr 1730. Der siebenteilige Prospekt mit drei großen Türmen dominiert den Raum. Das Orgelwerk selbst stammt von 1894 und wurde von der Werkstatt Eifert aus Stadtilm gebaut. Es besitzt zeittypisch mechanische Kegelladen und 14 Register auf zwei Manualen und Pedal. Seit seiner Erbauungszeit ist das Orgelwerk ohne Veränderungen erhalten und die vorgesehenen Arbeiten sind deshalb als Restaurierung im Bestand zu bezeichnen. So werden Undichtigkeiten in der Windanlage und an den Windladen beseitigt sowie Reparaturen in der Trakturführung. Hauptbestandteil wird die Neueinrichtung des Winddrucks sein mit einer Nachintonation des Pfeifenwerks, die zu einer klanglichen Verbesserung führen wird.

Die Kosten der umfangreichen Maßnahmen belaufen sich auf ca. 65.000,-. € Das Förderprogramm mit jeweils 6.500,- € bildet hier in der Restaurierung dieses sehr bedeutenden historischen Instrumentes einen wesentlichen Baustein.

Die Ev. Kirche in Nieder-Gemünden wurde 1755/56 als barocker Saalbau errichtet.

Die Orgel ist der barocken Ausstattung zuzuordnen. Sie stammt von 1760 und wurde von Johann Heinemann aus Gießen gebaut. Der prächtige fünfteilige Orgelprospekt mit drei Türmen und zwei Spitzfeldern fügt sich wunderbar in den Kirchenraum ein. Mit diesem Orgelwerk ist hier noch eines der wenigen noch vorhandenen Werke Heinemanns in einem weitestgehend originalen Zustand erhalten. Heinemann war in seiner Zeit einer der bedeutendsten regionalen Orgelbauer und besaß das Privileg des Hessen-Darmstädtischen Hoforgelbauers.

Die Orgel war vor ca. 40 Jahre bereits schonend und gründlich restauriert worden. Hauptbestandteil der anstehenden Maßnahme ist eine Schimmelbeseitigung sowie die Beseitigung von Undichtigkeiten im Windladenbereich, weiterhin Reparaturen an den Holzpfeifen sowie eine Reparatur der Belederung an der Balganlage. Die Kosten der Maßnahme werden ca. 35.000,- Euro betragen. Das Förderprogramm mit jeweils 3.500,- € hilft hier in der Erhaltung dieses historischen Instrumentes.

Bei dem geplanten Orgelprojekt handelt es sich um ein besonderes Projekt. Das bestehende Instrument wurde in den 1950er Jahren eingebaut und ist wenig qualitätvoll. Von der Vorgängerorgel aus dem Jahr 1873 von der Werkstatt Ratzmann aus Gelnhausen ist jedoch noch das Gehäuse auf dem Dachboden der Kirche vorhanden. So erstand die Idee, das alte, ursprüngliche Gehäuse zu restaurieren und wieder im Kirchenraum aufzustellen.

In das Gehäuse soll ein historisches Orgelwerk eingebaut werden, welches bisher im Orgellager der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau bereits etliche Jahrzehnte eingelagert war.

Bei diesem Orgelwerk handelt es sich um ein 1873 gebautes Instrument aus der Werkstatt Rothermel aus Zwingenberg. Für das Orgelwerk ist es ein Glücksfall, da das Orgellager momentan aufgelöst wird. Würde dieses Projekt nicht zustande kommen, würde das Rothermel-Orgelwerk keine weitere Verwendung finden und müsste entsorgt werden.

Das Projekt beinhaltet deshalb sowohl die Wiederaufstellung des originalen Ratzmann Gehäuses an seinen ursprünglichen Platz, sowie auch die Restaurierung des Rothermel-Orgelwerks und dessen Wiedereinbau in das historische Ratzmann Gehäuse.

Die denkmalrelevanten Kosten belaufen sich auf mindestens 100.000,- €, so dass durch das Förderprogramm dieses besondere und denkmalpflegerisch wichtige Projekt mit jeweils 10.000,- € bezuschusst wird.

Die kleine evangelische Kirche in Schwarzenborn ist im Kern ein romanischer Saalbau mit gerade geschlossenem frühgotischem Chor. Sie besitzt ein abgewalmtes Satteldach mit einem barocken Dachreiter. Im Innern sind die frühgotischen Gewölbeansätze im Chor zu sehen. Geprägt wird der Saal wird von seiner barocken Ausstattung inklusive Gestühl, Emporen und Kanzel. An der Decke wurden bei der jüngsten Renovierung Rankenmalereien und Medaillons freigelegt und wieder malerisch ergänzt.

Die Orgel steht im Chor hinter dem Altar auf einem Podest und stammt von 1885. Sie besitzt ein historisierendes Gehäuse in gotischer Formensprache und stellt damit ein Kontrast zur sonstigen barocken Ausstattung dar. Dennoch fügt sich insgesamt der Bestand im Kirchenraum gut ein. Die Orgel wurde 1885 von der lokalen Werkstatt Peter Dickel aus Treisbach gebaut und ist noch weitestgehend original erhalten. Lediglich die Prospektpfeifen waren zu Kriegszwecken entnommen worden, ursprünglich durch Zinkpfeifen ersetzt und bei der letzten größeren Sanierung 1982 wieder durch Zinnpfeifen ergänzt worden.

Die nun vorgesehene Maßnahme sieht eine Restaurierung aller historischen Teile vor mit Reparatur und Abdichtung beschädigter Teile und Bereiche, um diese kleine, feine Orgel für die unsichere Zukunft der Kirche in heutiger Zeit gut aufzustellen.

Die Maßnahme beträgt ca. 30.000,- €. so dass hier eine Förderung von jeweils 3.000,- € zur Erhaltung dieser kleinen bedeutenden Orgel vorgesehen ist.

Das Orgelprojekt in Münchhausen ist außergewöhnlich. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Orgel, die ursprünglich in eine andere Kirche eingebaut war: Die Dorfkirche von Münchhausen. Als diese Kirche 1972 umgebaut wurde, wurde auch die 1881 gebaute, damalige Orgel von der Werkstatt Vogt aus Korbach abgebaut. Sie wurde jedoch nicht weggeworfen, sondern in einer Scheune eingelagert. Ein Teil der Orgel wurde daraufhin von einem Hobby-Orgelbauer weiterverwendet und zu einer Hausorgel umgebaut. Diese Hausorgel wurde von dem Heimat- und Geschichtsverein Münchhausen wieder zurückgekauft und mit den restlichen Orgelteilen, die noch in der Scheune gelagert waren, in der Ev. Kirche auf dem Christenberg zusammengeführt.

Dieses Projekt wird seitens der Denkmalpflege sehr unterstützt, da es die einzigartige Möglichkeit schafft, das seit nunmehr 50 Jahren eingelagerte bzw. umgebaute historische Orgelwerk wieder zu restaurieren und aufzustellen. Die Kirche auf dem Christenberg ist ein idealer und würdiger Standort hierzu. Die Kosten der denkmalwerten Arbeiten belaufen sich auf mindestens 100.000 Euro. Eine Bezuschussung in Höhe von jeweils 10.000,- € durch das Förderprogramm unterstützt die Bemühungen des Heimat- und Geschichtsvereins Münchhausen zur Erhaltung und Wiederaufstellung dieses wichtigen Instruments.

Die katholische Pfarrkirche St. Marien in Offenbach wurde 1911-13 nach Plänen des Mainzer Dombaumeisters Becker errichtet. Der Kirchenbau wurde als Basilika mit Querhaus und halbrundem Chor in der Formensprache eines barockisierenden Klassizismus gemischt mit Jugendstildetails gestaltet. Der großzügige Innenraum ist insgesamt in der Formensprache des Rokoko ausgestaltet.

Die Orgel stammt aus der Werkstatt Johannes Klais in Bonn. Sie wurde 1914 auf der rückwärtigen Empore eingebaut und zur bauzeitlichen Ausstattung. Der Orgelprospekt wurde in neobarocker Formensprache gestaltet. Klais gehörte damals schon zu den führenden Orgelwerkstätten in Europa. 1973 wurde große Teile der pneumatischen Anlage entfernt und durch eine elektrische Traktur ersetzt. Im Zuge dessen wurde auch ein neuer Spieltisch gebaut. Erfreulicherweise ist dennoch ein hoher Anteil denkmalwerter Substanz, insbesondere im Pfeifenwerk, erhalten.

Nun soll die Orgel restauriert und in diesem Zuge auch wieder die pneumatische Anlage und der Spieltisch rekonstruiert werden. Dieses Vorhaben wird aus denkmalpflegerischer Sicht sehr unterstützt. Die Kosten belaufen sich auf mindestens 100.000,- €, so dass die Förderung für die Restaurierung dieser bedeutenden Orgel 10.000,- € beträgt.

Die Ev. Christuskirche in Eltville wurde 1902 ursprünglich als Christuskapelle von Ludwig Hofmann, dem bekannten Baumeister des Großherzogtums Darmstadt, geplant und errichtet. Sie ist als einfacher Saalbau mit Satteldach und Haubendachreiter konzipiert. Ein Ecktürmchen und eine Rosette an der Westfassade schmücken diesen ansonsten schlichten Kirchenbau. Im Innern überspannt als zeittypisches Gestaltungsmerkmal das sichtbare Dachtragwerk den Raum, der Altar ist in eine Nische an der Ostwand eingestellt, die von kleineren Seitennischen flankiert wird.

Die Orgel gehört zur bauzeitlichen Ausstattung der Kirche. Sie wurde sie 1902, im selben Jahr, wie die Kirche von der Werkstatt Gustav Raßmann aus Möttau bei Weilmünster gebaut. Die Orgel ist ebenfalls in gotisierender Formensprache gestaltet, hat zwei Seitentürme und ein breites Mittelfeld, um die Rosette darüber sichtbar zu lassen. Der Spieltisch ist freistehend mit Blick zum Altar angeordnet. Die Orgel besitzt mechanische Kegelladen und ist zeittypisch romantisch disponiert. Lediglich ein Register war im Laufe der Zeit verändert worden, ansonsten ist das Instrument noch im Originalbestand erhalten.

Deshalb belaufen sich die Kosten der Maßnahme, die eine Revision aller Teile im Bestand vorsieht sowie eine Ergänzung des verlorenen gegangenen Registers, halten auf ca. 35.000,- € so dass das Förderprogramm mit je 3.500,- € die kleine evangelische Kirchengemeinde in Eltville in ihrem Bemühen um die Erhaltung  wirkungsvoll unterstützt.

Die katholische Pfarrkirche St. Stephanus wurde 1887 in gotisierender Formensprache als basilikale Anlage über einem kreuzförmigen Grundriss gebaut. Der barocke Altaraufsatz aus der Hadamarer Schule wurde aus dem Vorgängerbau übernommen.

Die Orgel ist an der Westwand auf einer Empore, die den Eingangsbereich überspannt, angeordnet. Sie gehört zum bauzeitlichen Bestand und wurde im Jahr 1889, kurz nach Vollendung des Kirchenbaus, errichtet. Die Orgel stammt von der Werkstatt Keller aus Limburg und ist eines der wenigen erhaltenen Instrumente von Keller. Obwohl insbesondere 1979 im Rahmen einer Überholung Veränderungen an der Traktur, am Spieltisch und im Pfeifenwerk vorgenommen wurden, ist noch ein hoher Anteil an originaler Substanz vorhanden, der das Instrument als denkmalwert auszeichnet.

Die nun vorgesehenen Maßnahmen sehen eine Überholung aller Teile vor mit teilweiser Überarbeitung der veränderten Bereiche, insbesondere in der Traktur, da diese zum Teil Ursache für eine gewisse Schwergängigkeit in der Spielart sind. Die notwendigen Arbeiten zur Erhaltung des Instruments betragen ca. 35.000,- €, die Beteiligung des Förderprogramms zur Unterstützung dieser denkmalfachlich wichtigen Arbeiten ist mit jeweils 3.500,- € für die Kirchengemeinde außerordentlich hilfreich.