Dr. Eveline Saal führte die neugierigen Bürgerinnen und Bürger in Vertretung der zuständigen Bezirksarchäologin Dr. Franka Schwellnus über die Ausgrabung.

hessenARCHÄOLOGIE

Großes Interesse an Kassels Stadtgeschichte

Winterlichen Temperaturen zum Trotz fanden sich Ende November rund 200 Bürgerinnen und Bürger auf dem Georg-Stock-Platz in Kassel zum gemeinsam mit der Stadt ausgerichteten Tag der offenen Grabung zusammen. Drei Stunden lang präsentierte die hessenARCHÄOLOGIE gemeinsam mit der Grabungsfirma WiBA GmbH – Wissenschaftliche Baugrund-Archäologie – den aktuellen Stand der Ausgrabungen.

Reger Andrang trotz winterlicher Temperaturen

WiBA-Archäologin Johanna Trabert M.A., Grabungsleiter Dr. Erkan Kart und die ehemals zuständige Bezirksarchäologin Dr. Eveline Saal (in Vertretung für Dr. Franka Schwellnus) führten die Gruppen entlang der Grabungsfläche. Sie präsentierten nicht nur die Ergebnisse der Ausgrabung, sondern erläuterten ebenso, wie es zu den Ausgrabungen kam, welche Informationen den Archäologinnen und Archäologen bei der Vorbereitung zur Verfügung standen und wie die neuen Erkenntnisse die Stadtgeschichte Kassels bereichern.

Grabungsleiter Dr. Erkan Kart

Seit Beginn der Ausgrabung hat sich bereits gezeigt, dass das Interesse der Bevölkerung sehr groß ist. Viele Anwohner kamen regelmäßig an den Bauzaun, um sich über aktuelle Ergebnisse zu informieren.

Dr. Erkan Kart Grabungsleiter

Während Führungen im Dauerakkord den interessierten Gästen die Grabung zeigten, standen Natalie Wegen B.A. und Jakob Fritzsche vom Grabungsteam der WiBA für Fragen rund um die präsentierten Funde zur Verfügung. Sie erläuterten jung und alt wie die Funde geborgen wurden, was sie über die freigelegten Strukturen verraten und wie nun weiter mit ihnen verfahren wird. 

WiBA-Archäologin Johanna Trabert M.A.

Trotz des vorherigen Interesses waren wir überrascht, wie viele Besucher den Tag der offenen Grabung als Angebot wahrgenommen haben. Das ist eine schöne Bestätigung für unsere Arbeit und zeigt, wie wichtig die Einbeziehung der Öffentlichkeit bei archäologischen Projekten ist.

Johanna Trabert M.A. Archäologin

Keller, Kartoffeln und Kegelstumpfgruben

Bei der Ausgrabung auf dem Gelände des Georg-Stock-Platzes wurden die Keller eines Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert freigelegt, wobei Teile des Fundamentes eine andere Bauweise aufweisen und älter sein dürften. In den Kellerräumen des ehemals an der Ecke Ankergasse/Kirchweg 6 stehenden Bauwerks wurden offenbar Kohlen und Kartoffeln gelagert. Nicht nur wiesen dunkle Verfärbungen auf die Kohle hin, das Grabungsteam konnte zudem neben der Kohle selbst auch noch einige verbrannte und dadurch bis heute erhaltene Kartoffeln bergen. Wie große Teile der Stadt, so wurde auch dieses Gebäude während der Luftangriffe auf Kassel im Oktober 1943 großflächig zerstört. Unter dem Kriegsschutt konnte sich jedoch der Einblick in das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert bis heute erhalten. Nördlich und östlich der Keller wurden Gruben gefunden, die teilweise mittelalterliche Scherben enthielten und damit Zeugnisse einer älteren Nutzung des Areals darstellen.

Besonders spannend war für Bezirksarchäologin Saal eine vorgeschichtliche Grube am Rand der Grabungsfläche. Während bisher aus dieser Zeit aus dem Wehlheidener Stadtteil nur Bestattungen und Einzelfunde bekannt waren, steht die Kegelstumpfgrube für einen ersten Nachweis, wo die Menschen während der Eisenzeit in Wehlheiden tatsächlich lebten.

Dr. Eveline Saal führte die neugierigen Bürgerinnen und Bürger in Vertretung der zuständigen Bezirksarchäologin Dr. Franka Schwellnus über die Ausgrabung.

Die Kegelstumpfgrube ist der Beweis, dass am Georg-Stock-Platz schon in der Eisenzeit Siedler Vorräte lagerten und Wehlheiden bewohnten. Ihre Verstorbenen bestatteten sie vermutlich in dem 600 m entfernten Brandgräberfeld am „Auefeld“ im Bereich zwischen der Esmarchstraße und der Langenbeckstraße.

Dr. Eveline Saal Bezirksarchäologin

Die Ausgrabungen selbst sind nun so gut wie abgeschlossen. Im Anschluss wird das Gelände wieder verfüllt und steht der Stadt Kassel für die weitere Planung zur Verfügung. Von den vorgeschichtlichen Siedlungsspuren und historischen Kellerstrukturen wird dann nichts mehr zu sehen sein, doch das Wissen um ihre Existenz und die Fundobjekte sind dank der sorgfältigen Arbeit und Dokumentation des Grabungsteams auch für zukünftigen Generationen erhalten.

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