Frontalansicht der Odenwaldhalle in Michelstadt

Bau- und Kunstdenkmalpflege

Eine Stadt setzt sich für der Erhalt der Multifunktionshalle ein

Die Odenwaldhalle in Michelstadt ist ein Beispiel für die Entstehung neuer Bauaufgaben im ländlichen Raum durch eine gesellschaftliche Umstrukturierung in den Jahren des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Seit ihrer Errichtung war sie ein wichtiger Anlaufpunkt für die Freizeitgestaltung ganzer Generationen in der Region.

Eine Halle, viele Funktionen

Die Odenwaldhalle in Michelstadt wurde zwischen 1957-61 in unmittelbarer Nähe zu einem geplanten Neubaugebiet mit Gymnasium und Behördenzentrum erbaut, um den kulturellen Ansprüchen der wachsenden Bevölkerung in Michelstadt gerecht zu werden und das gesellschaftliche Miteinander zu fördern. Sie diente als Sport- und Veranstaltungshalle, weitere Räume zur bürgerschaftlichen Nutzung wie eine Stadtbibliothek, Clubräume, eine Sozialstation, Gastronomie, ein Lese- und Wärmeraum, sowie eine Kegelbahn und eine Schießanlage folgten. Das Gebäude ist in eine weitläufige Freiraumanlage eingebettet.

Der sogenannte Hessenplan ebnete den Weg für die Schaffung moderner Kommunikationsmittelpunkte, die vor allem die Stärkung des gesellschaftlichen Miteinanders, die Förderung ländlichen Brauchtums und die Wiederbelebung des kulturellen Lebens ermöglichen sollten.

Von der Idee bis zur Umsetzung

In Michelstadt hatte sich bereits Ende der 1940er Jahre innerhalb der Bürgerschaft sowie auf der Ebene des örtlichen Vereinswesens der Wunsch nach einem neuen, vielfältig nutzbaren Gemeinschaftsbau formuliert. Vor allem für die Durchführung größerer Sportveranstaltungen und Festivitäten fehlten in der bevölkerungsmäßig größten Stadt des damaligen Landkreises Erbach die entsprechenden Räumlichkeiten. Neben A.Bechthold waren der Darmstädter Architekt Ernst Samesreuth sowie der Innenarchitekt und Direktor der Werkkunstschule Darmstadt Hans Hartl bei der inneren Ausgestaltung beratend tätig. Vorgesehen wurden ein großer Saal mit Bühne und ein repräsentatives Foyer mit Schauvitrinen für die Bewerbung von Veranstaltungen und das Portfolio regional ansässiger Firmen. Durch den während der Planung festgestellten Mehrbedarf an Räumlichkeiten musste der ursprüngliche Bauentwurf erweitert werden und bot in seiner umgesetzten Form auch Platz für die Unterbringung der Stadtbibliothek, kleinerer Clubräume, einer Sozialstation und diverser funktionaler Nebenräume. Auch Bereiche für die Gastronomie, Lese- und Wärmeraum sowie zwei vermietbaren Wohnungen konnten mittels eines ergänzenden Anbaus hergestellt werden. Erst nach der Einweihung der Halle erfolgte die Einbringung einer Bundeskegelbahn und einer Schießanlage.

Ein Gesamtkonzept

Eine umfassende Freiflächengestaltung komplettierte die Baulichkeiten. Neben einer schmuckvollen Brunnenanlage und einer einladenden Terrasse ließ man zahlreiche Sitzgelegenheiten und Spazierwege in die parkanlagenartige Gestaltung des direkten Umfeldes einbringen; darüber hinaus entstanden eine kleinere Sportfreifläche, die auch als Parkplatz dient und ein Kneippbecken. Ein Teil der großen Freifläche südliche der Halle war temporär mit einer Minigolfanlage bespielt.

Regionale Bedeutung

Mit der Odenwaldhalle definierte sich die Stadt Michelstadt als neues Zentrum und kultureller Mittelpunkt für weite Teile des Odenwaldes. Die Halle steht für das Selbstbewusstsein einer wieder erstarkten Kommune und den Glauben an den unbegrenzten wirtschaftlichen Aufschwung. Die Namensgebung oblag dem damaligen hessischen Innenminister Heinrich Schneider. Als wichtigstes Gemeinschaftshaus in der Region erhielt der Baukomplex den Namen „Odenwaldhalle“. Schneider lobte das Bauvorhaben als soziale Tat ersten Ranges und hob die Bedeutung Michelstadts als Kristallationspunkt für weite Teile des Odenwalds hervor.

Den Denkmalwert erkennen und schützen

Die Stadt Michelstadt hat den Zeugniswert der bemerkenswert authentisch überlieferten Halle erkannt und eine denkmalgerechte Sanierung des Gebäudes und der dazu gehörigen Grünflächen beschlossen. Das zeugt von der auch heute noch erhaltenen Bedeutung der Odenwaldhalle für die Stadt und Region. Viele Bürgerinnen und Bürger haben hier ihre Kindheit und Jugend verbracht, waren auf Sportveranstaltungen oder haben am Wochenende mit Freunden und Familie einen Ausflug unternommen. Ob Minigolf oder Kegelbahn, die Odenwaldhalle prägte weite Teile der Region und um dieses Kulturgut nicht zu verlieren, hat die Stadt Michelstadt von sich aus das umfassende Sanierungsprojekt vorgeschlagen, welches das Landesamt für Denkmalpflege unterstützt. Zuletzt erfolgte die Eintragung in die Liste der Kulturdenkmäler in Hessen, was ein wichtiger Schritt zur Sicherung und Erhaltung dieser beispielhaften multifunktionalen Gemeinschaftsarchitektur der Nachkriegszeit ist.

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