Foto steinerner Gebäudefundamente.

Das frühe Mittelalter

Im frühen Mittelalter - 5. bis Mitte 11. Jh. n. Chr.- lebten die Menschen in meist kleinen Ansiedlungen, aus denen oft unsere heutigen Dörfer und Städte hervorgegangen sind. Die zugehörigen Bestattungsplätze lagen in der Regel deutlich außerhalb der Siedlung, einige hundert Meter von den Ortschaften entfernt.

Lehren aus der letzten Ruhe

In der Merowingerzeit (5. bis 8. Jh. n. Chr.) bestattete man die Verstorbenen geordnet auf Reihengräberfriedhöfen, aber auch bereits in oder im Umfeld von neu gegründeten Kirchen. In Hessen gibt es sowohl meist ältere kleinere Nekropolen als auch große Gräberfelder mit vielen Hundert Bestattungen, die im Lauf der Zeit mit den Siedlungen gewachsen sind. Die in Reihen angelegten Gräber können mit hölzernen oder selten auch steinernen Grabkammern ausgekleidet sein. Teilweise waren die Grabstellen obertägig durch Kreisgräben hervorgehoben und mit Erdhügeln überdeckt.

Die Verstorbenen wurden oft mit Grabbeigaben, das heißt mit ihrem persönlichen Hab und Gut - wie Waffen, Schmuck und Gerätschaften - und außerdem mit Gefäßen bestattet. Über die anthropologische Untersuchung der Skelettreste lassen sich Rückschlüsse auf das Alter, Geschlecht und Krankheiten bzw. den Gesundheitszustand der Verstorbenen gewinnen. Den Gräbern der Menschen sind häufig auch Bestattungen von Pferden und Hunden zuzuordnen.

Foto archäologischer Ausgrabungen bei Orkarben

Funde und Befunde des Frühmittelalters

Eine eingriffsfreie Untersuchung mittels geophysikalischer Messmethoden ist im Fall der Reihengräber aus denkmalpflegerischer Sicht nicht ausreichend. Archäologische Ausgrabungen der Gräberfelder sind zeit- und kostenintensiv, ebenso wie die nach der Bergung erforderliche Restaurierung der Grabbeigaben aus Metall, Keramik und anderen Materialien.

Die dörflichen Siedlungen waren geprägt durch die landwirtschaftliche Lebensgrundlage ihrer Bewohner und lagen meist in Gewässernähe im Talgrund. Sie bestanden aus teils größeren Häusern in Holz-Lehmbauweise, deren tragende Pfosten noch als Spuren im Boden erfasst werden können. Daneben gab es zu meist handwerklichen Zwecken in den Boden eingetiefte Grubenhäuser sowie andere Kleinbauten.

Von Holz zu Stein

Die Steinbauweise stellt im Frühmittelalter noch den extremen Ausnahmefall dar und kommt fast ausschließlich bei Kirchen oder administrativen Bauwerken vor. Erst mit der Karolingerzeit (8. bis frühes 10 Jh.) nimmt diese Bauweise antiker Tradition auch außerhalb der ehemals römischen Gebiete wieder deutlich zu. In dieser Zeit gewinnen auch nach einer kurzen Phase während der Völkerwanderungszeit im 4. und 5. Jh. militärisch organisierte Höhenburgen wieder an Bedeutung. Vielfach finden sich hier die Grundlagen für die hoch- und spätmittelalterlichen „Ritter“-Burgen. Gerade in ottonischer Zeit (10. bis 11. Jh.) entstehen zahlreiche am Rande von älteren Dörfern befestigte Sitze des Adels - sogenannte Niederungsburgen. Diese Kleinburgen bestehen häufig noch vollständig aus Holzbauten und werden meist erst später in Stein um- und ausgebaut.

Viele dieser früh gegründeten ländlichen Siedlungen werden im späten Mittelalter aufgegeben, sie fallen wüst und werden erst in heutiger Zeit im Zuge etwa von Straßenbau oder Baugebietsausweisungen wiederentdeckt. Sie sind als Zeugen unserer frühen Geschichte fachgerecht zu untersuchen und zu dokumentieren.

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