Dr. Verena Jakobi steht an einem Rednerpult

Bau- und Kunstdenkmalpflege

Perspektiven aus Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege. Hessische Architektur im 12. Jhd.

Welche Erkenntnisse bietet die Dendrochronologie für die Datierung von St. Peter in Fritzlar? Wie sah eine gemeinsame Nutzung von Doppelklosteranlagen aus? Über diese und viele weitere Fragen wurde sich am 17. November in der Aula der Alten Universität in Marburg ausgetauscht. Aktuelle Forschungsergebnisse wurden vorgestellt, um dadurch neue Perspektiven zu eröffnen und diskutieren zu können.

Organisiert wurde die interdisziplinäre Tagung von Viktoria Imhof (Kunstgeschichtliches Institut der Philipps-Universität Marburg), Katarina Papajanni (Schlösser und Gärten Hessen) und Cornelius Hopp (Landesamt für Denkmalpflege Hessen). Die Teilnehmenden der Tagung wurden von Prof. Dr. Jörg Stabenow von der Philipps-Universität Marburg und Dr. Verena Jakobi vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen begrüßt. Anschließend gab Katarina Papajanni von den Schlössern und Gärten Hessen eine Einführung in das Tagungsthema anhand ausgewählter Beispiele.

Die Auseinandersetzung mit unserem baulichen Erbe ist wichtig, weil es uns in der Gegenwart einzigartige Informationen und Erfahrungen aus der Vergangenheit vermittelt, auf die wir für seine zukünftige Instandhaltung angewiesen sind.

Dr. Verena Jakobi Landeskonservatorin

Forschung an Klöstern und Kirchen

Den Auftakt der Verträge bildete Anja Dötsch von den Schlössern und Gärten Hessen. Sie berichtete über ein neues Kapitel in der Geschichte des Kloster Konradsdorf. Dieses wurde zuletzt umfassend Instandgesetzt, Restauriert und Erforscht. Einige der Erkenntnisse dieser Arbeiten sind nun in die neue Dauerausstellung, die dieses Jahr im Kloster eröffnet wurde, eingeflossen.

Auf Kloster Konradsdorf wurde auch im anschließenden Vortrag von Viktoria Imhof eingegangen. Für ihre Dissertation forscht die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Philipps-Universität Marburg zur Architektur von mittelalterlichen Doppelklosteranlagen und stellte bei der Tagung einige Beispiele aus Hessen vor. Kloster Konradsdorf war im 12. Jahrhundert als Doppelkloster gegründet worden. Ein anderes Hessisches Beispiel ist das Kloster Ilbenstadt, das sich in ein Männerkloster in Ober-Ilbenstadt und ein Frauenkloster in Nieder-Ilbenstadt aufteilte.

Liegt Worms in Hessen? Mit dieser Frage eröffnete Cornelius Hopp vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen seinen Vortrag über die Datierung von St. Peter in Fritzlar und die Wormser Kirchen. Tatsächlich gibt es viele architektonische Parallelen zwischen den Bauwerken, da Wormser Bauleute an St. Peter gearbeitet haben.  Aufgrund neuer Erkenntnisse zum Wormser Dom stellte sich nun die Frage, ob die Apsis von St. Fritzlar eine Vorstufe für den Wormser Westchor ist. Diese Frage diskutierte Hopp anhand kunstgeschichtlicher und dendrochronologischer Erkenntnisse.

Gruppenfoto des Organisationsteams der Tagung

Neue Perspektiven auf Burgruinen

Nachmittags lag der Fokus der Tagung auf verschiedenen Burgruinen. Die erste war Schloss Alsbach, ursprünglich erbaut als Burg Bickenbach. Gerd Strickhausen vom Burgenbüro Dr. Strickhausen beschäftigte sich mit der Frage, ob die Burg aus dem 12. oder 13. Jahrhundert stammt. Er kam zu dem Schluss, dass die Burg erst um 1232 errichtet wurde und ältere Erwähnungen sich auf einen kleineren Vorgänger an einem anderen Standort beziehen.

Von Achim Wendt, Büro für Bauforschung, Dokumentation und Konzeption folgten direkt zwei Vorträge, da der geplante Vortrag von Isabel Köhr-Kraft zur Wahrnehmung von Burg Münzenberg im Wandel der Zeit krankheitsbedingt ausfallen musste. Auf Burg Münzenberg musste trotzdem nicht verzichtet werden, da Wendt über Grabungen an der Burgruine und die daraus gewonnenen Erkenntnisse berichten konnte. Diese präzisieren die Ergebnisse der älteren Forschung, die einige offene Fragen nicht klären konnte.

Auch bei der Ruine von Burg Wildenberg zeigten sich bei der Erforschung Wiedersprüche zur bisher angenommenen Baugeschichte. Von besonderem Interesse war für Achim Wendt dabei eine Fenstergruppe, die mit der Außenseite nach innen eingebaut war. Er vermutet, dass diese erst retrospektiv aus mittelalterlichen Architekturfragmenten zusammengesetzt worden ist

Ein Plädoyer für die Bauforschung

Das Organisationsteam fand abschließende Worte und schloss die Tagung mit einem Plädoyer für die kontinuierliche Erforschung unseres baulichen Erbes ab. Nur unter Einbeziehung aller verfügbaren Quellen und Offenheit gegenüber neuen Methoden kann ein Bauwerk und dessen Forschungsgeschichte kritisch hinterfragt und neu bewertet werden.

Die Ergebnisse der Tagung sollen um weitere Beiträge bereichert 2024/25 erscheinen.