Blick in die Saalgasse Frankfurt

Bau- und Kunstdenkmalpflege

Hessen als Vorreiter der deutschen Postmoderne

Robinson Michel erzählt in der zweiten Ausgabe der Denkmal Hessen 2024 die Geschichte der Postmoderne und veranschaulicht anhand von ausgewählten Beispielen die Rolle Hessens als Wegebereiter. Mittlerweile ist die Zeitschicht in der Denkmalerfassung angekommen, bis dahin war es jedoch ein weiter Weg.

Kritisiert, verpönt und abgelehnt – die schillernde Postmoderne musste sich ihren Platz zunächst in der Gesellschaft und dann in der Denkmalpflege erkämpfen. Welch Ironie, so entwickelte sich die Postmoderne selbst als Widerstand gegen die Klassische Moderne und das etablierte Gestaltungsprinzip „form follows function“. Weiter noch, der Begriff umfasst ein kulturgeschichtliches Phänomen und prägt weite Teile der Gesellschaft wie Musik, Politik, Literatur – und Architektur.

Der Begriff „Postmoderne“ wurde erstmals von Charles Jencks 1977 in seinem Buch „The Language of Postmodern Architecture“ in die Architektur eingeführt. In diesem beschreibt er das Versagen der Moderne mit Vertreten wie Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe. Architektur der Moderne könne Zunehmens nur von einem Fachpublikum verstanden werden und sei für Laien nicht mehr greifbar. Die Antwort darauf war eine radikale Gegenbewegung, die sich vom vermeintlich nüchternen Funktionalismus abwendete und Elemente aus früheren Baustilen wiederentdeckte und neu kombinierte. Dabei wurde die Vergangenheit keinesfalls nur kopiert, vielmehr wurde das historische Vorbild in die Gegenwart transformiert, zitiert und teilweise auch ironisiert.

Der Höhepunkt Postmodernen Bauens

Flaniert man durch die Frankfurter Altstadt, genießt man den Blick auf die viele Fachwerkhäuser auf der Ostzeile des Römers und der rekonstruierten „Neuen Altstadt“. Eine Straße sticht aus dem historischen Ensemble hervor: die Saalgasse. Am Rand des kriegszerstörten Altstadtkerns formte sich in den 1980ern der Höhepunkt der Postmoderne. 1978 rief die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung einen Wettbewerb für den Wiederaufbau der Saalgasse aus, den die Planungsgemeinschaft BJSS aus Berlin gewann. Diese plante für die Saalgasse Stadthäuser mit kleinteiligen Fassaden, welche die verlorengegangene heterogene Gestaltung aufgreifen sollten. Letztendlich wurde der Auftrag auf mehrere Architektenbüros verteilt. Entstanden ist eine Momentaufnahme der kreativen, bunten und formenreichen Gestaltungsmaxime der Postmoderne.

Die Wiege der Postmoderne Hessens liegt in Marburg und erstreckt sich bis nach Kassel. Welche interessanten Bauten und Ideen aber auch Schwierigkeiten in der Denkmalerfassung die Postmoderne birgt, können Sie in der zweiten Ausgabe der Denkmal Hessen 2024 weiterlesen. Die Gesamtausgabe finden Sie verlinkt.

Die Denkmal Hessen wird zweimal jährlich vom Landesamt für Denkmalpflege herausgegeben und beleuchtet spannende Themen aus den vielfältigen Bereichen des Amtes. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums 2024 sind zwei Sonderausgaben erschienen.

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