Bewusstsein für den Wert des historischen Erbes hat lange Tradition
Bei seiner Begrüßung betonte Stefan Paule, Bürgermeister der Stadt Alsfeld, die Wertschätzung für das historische Stadtgefüges habe in Alsfeld eine lange Tradition. Es sei dem besonderen Bewusstsein der städtischen Körperschaften für ihre historische Altstadt zu verdanken, dass die Stadt bis heute von der Auszeichnung als Europäische Modellstadt für den Denkmalschutz profitiere.
Anpassung bestehender Strukturen an veränderte Bedürfnisse
Prof. Dr. Markus Harzenetter, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen sagte, zwar sei Alsfeld von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs weitestgehend verschont geblieben, dennoch sei der Sanierungsbedarf innerhalb der historischen Altstadt in den 1960er Jahren immens gewesen. Ziel der Erneuerungsbestrebungen sei es gewesen, Platz zu schaffen für Geschäftsleute und Einkaufsmöglichkeiten, vor allem auch Parkhäuser, auch die hygienischen Verhältnisse der Altbauten sollten verbessert werden. Gefördert worden sei die auf einem Sanierungsplan beruhende Maßnahme durch ein Bund-Länder-Programm zur Anpassung bestehender Strukturen an veränderte Bedürfnisse wie etwa der Innenentwicklung.
Was führte zur Etablierung des Europäischen Kulturerbejahres
Dr. Verena Jakobi, Leiterin der Abteilung Bau- und Kunstdenkmalpflege im Landesamt für Denkmalpflege Hessen umriss die Entwicklungen in der Nachkriegszeit bis zu den 70er-Jahren vor dem Hintergrund des Ideals der autogerechten Erschließung der Städte in der Nachkriegszeit und der Notwendigkeit, schnell kostengünstigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dies habe vielerorts zum Abriss einer großen Anzahl von historischen Gebäuden und ganzen Quartieren geführt. Das führte seit Anfang der 70er-Jahre zu großen Protesten aus der Bevölkerung. Höhepunkt und Ausdruck dieses internationalen Widerstandes sei das unter dem Motto „Eine Zukunft für unsere Vergangenheit“ durch den Europarat ausgerufene Europäischen Denkmalschutzjahr gewesen.
Überblick zu Theorie und Praxis der erhaltenden Stadterneuerung
Die Geschichte der Altstadterneuerung sei ein wichtiges Zeitdokument und markiere gleichzeitig eine wichtige Umbruchszeit in der Denkmalpflege, sagte Annika Sellmann von der Technischen Universität Berlin, DFG Graduiertenkolleg ‚Identität und Erbe‘. Die Idee von modellhaften Stadtsanierungen, deren Ergebnisse im Rahmen der Kampagne auf ähnlich gelagerte Herausforderungen übertragen werden sollte, bezeuge den experimentellen Charakter der Kampagne, durch den auch soziale Ungerechtigkeiten ausgeglichen und das Wohlergehen aller Menschen gesichert werden sollte.
Fördern, erhalten, weiterdenken – Zukunft gestalten im historischen Stadtraum
Andrej Müller vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum betonte, Alsfeld biete hervorragende Rahmenbedingungen, um die Potentiale der Städtebauförderung beim demografischen Wandel, dem Klimaschutz, der Digitalisierung, der Beseitigung von Leerständen und dem Funktionsverlust im Zentrum zur Anwendung zu bringen. Wichtig sei die ganzheitliche Betrachtung von Stadträumen, die Schaffung planerischer und finanzieller Spielräume, die Stärkung vorhandener Funktionen, das Erhalten im Bestand statt Abriss und Neubau. Ziel sei es, resiliente, funktionsfähige, lebenswerte und identitätsstiftende Städte zu fördern.